Online-Geschäftsideen mit unsicherer Zukunft: Wie KI und große Onlinehändler den Markt verändern

Vor einigen Jahren war es ziemlich einfach und aussichtsreich, sich mit einem Onlinebusiness selbstständig zu machen. Texter wurden gesucht, Produkte über Onlineshops von Einzelhändlern bestellt und Grafiker, Webdesigner und Suchmaschinenoptimierer haben sich ein goldenes Näschen verdient. Doch all diesen Branchen könnte das Aus drohen. Schuld daran sind die modernen Vertriebsstrukturen und die Möglichkeiten, die ChatGPT und Co. bieten.

Das Dilemma anhand eines Beispiels erklärt

Wer braucht noch einen Texter, wenn er Blogartikel mit ChatGPT generieren lassen kann? „Kein großes Problem, ich bin ja schließlich kein Texter, sondern Publisher und erstelle die Texte nun selber – spare mir also etwas“, könnte man meinen. Allerdings wird bei diesem Gedanken nicht beachtet, dass sich Nutzer perspektivisch nicht mehr über Google informieren werden, sondern direkt über ChatGPT oder Google Gemini. Und wenn nicht mehr gegoogelt wird, jedenfalls nicht nach reinen Informationen, dann erhalte ich als Publisher keine User.

Auch an dieser Stelle haben viele eine schnelle Antwort: „Dann stelle ich mich halt direkt für mein Produkt gut in Google auf und lege nicht mehr so großen Wert auf Content als Einstiegsseiten.“ Doch auch hier lohnt sich ein pessimistischer Blick: Denn Produkte lohnen sich nur, wenn die Marge stimmt. Und die Preise, die Hersteller im Direktvertrieb über ihren eigenen Shop oder Amazon machen können, sind für Einzelhändler praktisch unmöglich zu kalkulieren.

Oder anders ausgedrückt: Wieso sollte ein Hersteller sein Produkt für 100 Euro an einen Großhändler verkaufen, der dieses wiederum für 200 an einen Einzelhändler verkauft, welcher dasselbe Produkt dann letztlich für 300 Euro anbietet – und das am Ende auf der gleichen Plattform, weil beispielsweise Google direkt sämtliche Shoppingseiten als Vergleichsergebnisse bei Suchen nach diesem Produkt ausspielt?

Suchen verändern sich – der Markt (für viele Branchen) trocknet zunehmend aus

Für den Endverbraucher ist das alles nicht tragisch – ganz im Gegenteil. Statt zu googeln und auf Blogbeiträge und Ratgeberseiten geleitet zu werden, informiert er sich einfach über seine KI-App, die, um ehrlich zu sein, viel besser auf individuelle Problemstellungen eingehen kann als ein oft viel zu umfassend geschriebener Ratgeberbeitrag im Web.

Gegoogelt wird trotzdem noch: Allerdings eben vermehrt nach konkreten Produkten (die sich nur noch für die Hersteller selber lohnen) oder Dienstleistungen, sofern diese Dienstleistungen nicht auch durch KI obsolet werden. Und da gibt es ja doch so einige – vor allem in der Beratungsbranche oder selbst beim Programmieren kleinerer Anwendungen. Kurz gesagt: Alles entwickelt sich in die Richtung Do-it-yourself und hin zum Endverbraucher. Die Mitte aus Vertrieb und Vermarkter stirbt weg, verbleiben könnten Produzent und Verbraucher. Bei Musik und visuellen Inhalten erleben wir durch YouTube, Spotify und Co. ja Ähnliches.

Strategieanpassung für (Online)unternehmer notwendig

Das beschriebene Szenario kann es notwendig werden lassen, die eigene Geschäftsidee infrage zu stellen und neue Wege zu gehen. 

  • Texter könnten als Blogger aktiv werden und die eigene Meinung zu Themen einbringen – etwas, das Menschen interessieren könnte und ChatGPT nicht bieten kann.
  • Vom Online-Vertrieb könnte man beispielsweise auf die Produktion umstellen, ein eigenes Produkt entwerfen und sein Know-how dann unter Ausnutzung der großen Kanäle einbringen. 
  • Möglicherweise ist aber auch die Umstellung auf ein ganz anderes, eventuell sogar physisches, Geschäftsmodell angezeigt. So sterben die Einzelhändler in den Innenstädten zwar aus, dafür eröffnen jedoch andere Geschäfte in neuen Branchen. 

Es gilt also, die Probleme als Chance zu begreifen – nur eben frühzeitig, bevor es zu spät ist und andere einen längst überholt haben.

Nach oben scrollen